Die Maja des Goya

Goya - Marquesa de Santa Cruz

Erotik und Skandal

Francisco José de Goya y Lucientes (Fuendetodos 1746 – 1828 Bordeaux) war wie kaum ein anderer Künstler Wegbereiter der Moderne. Der spanische Maler war auch Radierer und Lithograph. Er gilt als einer der bedeutendsten Darsteller der menschlichen Psyche.

Goya malte zunächst in hellen Farben im Stil des spanischen Rokoko. Nach einer schweren Krankheit, die eine völlige Taubheit zur Folge hatte und möglicherweise seine anderen Sinne schärfte, änderte sich nicht nur die Farbgebung in seinem Werk.

In seinen Darstellungen befasste er sich nun mit den menschlichen Abgründen und es entstanden albtraumähnliche Darstellungen von Kriegen, Ungerechtigkeiten und Wahnsinn. Goya empörte die Eiferer der katholischen Inquisition und stieg zugleich zum Stammvater der Expressionisten und der Surrealisten auf.

Goya - Akt
Aktbild

Goya und der Skandal

Keine Abhandlung über erotische Kunst wäre ohne seine „Die nackte Maja“ denkbar, die ohne jeden Zweifel zu den bedeutendsten Aktbildern der Kunstgeschichte zählt. „Maja“ ist in dem Fall kein Name, sondern bedeutet in der spanischen Sprache ein Synonym für „die Schöne“ oder „schönes Mädchen, schöne Frau“.

Goya - "Die nackte Maja"
„Die nackte Maja“

Das Ölbild entstand zwischen 1797 und 1800 und stellt eine nackte, auf einem Kissen ruhende Frau dar und hat in Spanien eine unglaubliche Reaktion und einen Skandal heraufbeschworen.

Was hat das Spanien um 1800 so sehr an diesem Gemälde erregt?

Zunächst war es wohl die erstmalige Darstellung von Schambehaarung, die Goyas Zeitgenossen veranlassten, das Bild als „Obszönität“ zu verdammen. Darüber hinaus empörte die Tatsache, dass es sich hier erstmals nicht, wie natürlich bereits bekannt, um die nackte Zurschaustellung einer mythologischen, allegorischen oder biblischen Figur handelt, sondern um eine Spanierin.

Goya malte zum ersten Mal eine echte nackte Frau, eine die es wirklich gab zu seiner Zeit. Und die liegt da als Personifikation aller spanischen Frauen, als die Urspanierin. So schön und so sinnlich sie ist, ohne Zierat, ohne Schmuck, ohne Allegorie. Eben eine der Frauen, die die Männer in den Theatern um den Verstand brachten. Erotisch, selbstbewusst und einladend liegt sie da.

Im Jahr 1815 wurde Goya vor die Spanische Inquisition zitiert, um herauszufinden, wer ihn beauftragt hatte das unzüchtige Bild zu malen. Es ist keine Aufzeichnung von Goyas Aussage überliefert. Folge des Prozesses war allerdings, dass ihm der Titel des königlichen Hofmalers aberkannt wurde.

Goya und die zweite Version

Skandalös nannte der spanische Klerus das Portrait dieser Frau, in dem sich Goya auch als ein Maler der Schönheit zeigt. Er hat übrigens eine zweite Version des Bildes, „La maja vestida – Die bekleidete Maja“, gemalt, auf dem das Modell in der gleichen Pose, aber bekleidet dargestellt ist.

Goya - "Die bekleidete Maja"
„Die bekleidete Maja“

Beide Bilder tauchen urkundlich das erste Mal im Besitz des spanischen Premierministers Manuel de Godoy auf, was Vermutungen auslöste, die Maja stelle eine seiner Geliebten dar. Eine weitere Theorie war, dass das Bild eine Darstellung der 13. Herzogin von Alba ist, die mehrfach von Goya gemalt wurde und eventuell auch ein Verhältnis mit dem Maler hatte. Möglich ist auch, dass es sich um eine Vermengung verschiedener Modelle handelt und keine Einzelperson dargestellt ist.

Der Minister jedenfalls hing die gesellschaftsfähigere Fassung kurzerhand vor das skandalöse Werk. Ein Zugmechanismus in Form von Scharnieren legte die offene Sinnlichkeit frei, für besondere Gäste und zu seinem eigenen Vergnügen.

Die körperliche Schönheit der Maja beruht auf immer wiederkehrenden Eigenschaften, die sich unter den Oberbegriffen „Kindfrau“ und „Lichtgestalt“ subsumieren lassen. Sie ist von graziler Zerbrechlichkeit, klein und zart, mit schmalen Füssen und schlanken Fingern. Die Farben ihres Fleisches leuchten weiß und rosé, in kindlicher Frische. Sie mag an eine Wachspuppe erinnern, doch dazu kontrastiert ihr sinnlicher Körper, der sexuelles Begehren erweckt.

Noch 1930, als Spanien vier Briefmarken mit den bekanntesten Gemälden Goyas herausgab, darunter die Maja, protestieren spanische Katholiken und auch andere Staaten (erfolglos) dagegen.

Titelbild: „Marquesa de Santa Cruz“ – Detail

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Goya - bei Amazon
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Auszug aus der Buchbeschreibung:

„Werner Hofmanns Band, der sich als Klassiker etabliert hat, bringt Goyas malerisches und graphisches Werk in brillanten Abbildungen zur Geltung und erklärt, wie Goya zum großem Erneuerer der Kunst um 1800 wurde.“

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Goya, Der Torero Pedro Romero
Goya, Der Torero Pedro Romero

Gerahmter Kunstdruck – Goya, Der Torero Pedro Romero

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Der sinnliche Klimt

Klimt - der Kuss - Detail

Klimt – Erotik im Jugendstil

Gustav KlimtGustav Klimt (Wien 1826 – 1918). Wenn von Erotik und Jugenstil die Rede ist muss er an erster Stelle stehen. Zeitlebens hat der geniale Wiener Künstler sich mit dem Thema „Frau“ auseinandergesetzt und zahllose weibliche Porträts und Aktzeichnungen angefertigt. Für jedes Ölbild hat er Hunderte Skizzen entworfen, angeblich konnte man in seinem Atelier zu jeder Zeit ein Modell antreffen.

Darüber hinaus wurde Klimt in eine Epoche hineingeboren, die sich gegen die Prüderie des bürgerlichen 19. Jahrhunderts auflehnte. Er wollte die ihm so wichtige, verheimlichte Erotik und die damit verbundenen Probleme offen legen und hatte durch diese Provokation immer wieder mit Schwierigkeiten zu kämpfen.

Klimt und Gold

Sein Stil ist gekennzeichnet durch die Vereinigung einer naturalistischen, sinnlich-erotischen Frauendarstellung mit ornamental gestalteten, orientalisch beeinflussten Flächen, die oft intensiv farbig und hart begrenzt sind. Durch Goldflächen ist man oft an Ikonen erinnert.

Klimt-Danae 1907
„Danae“ 1907

Danae ist die mythologische Figur, die von Zeus in Gestalt eines Goldregens geliebt wird. Bei Klimt wird alles Erzählende verbannt, das Sujet wird als zeitloser Augenblick erfasst. Danae, in deren Leib der Goldregen gleitet, wird zum Sinnbild einer sich selbst genügenden Sexualität. Selbstvergessen und selbstversunken gibt sie sich in verzerrter Perspektive ihrer erotischen Weiblichkeit hin. Die Wahl des Ausschnitts sexualisiert den ganzen Körper während das Ornament Distanz erzeugt.

Es ist diese Spannung, die höchste erotische Wirkung erregt. Selten zeigt Klimt in seinen Gemälden eine sich in solchem Maße hingebende Frau wie in Danae. Das Gemälde ist damit eines der wenigen, das den Zeichnungen des Künstlers nahe kommt, in denen er sich fast obsessiv für die sexuelle Lust der Frau interessiert. Ihn fesselte das Sinnliche des weiblichen Körpers, aber noch mehr das Geheimnis der weiblichen Psyche.

Klimt - Studie zu Danae um 1907
Studie zu Danae um 1907

Klimt und die Wollust

Die Femme fatale wurde um 1900 zum Inbegriff des Objekts der Begierde, die Sehnsucht danach und die gleichzeitige Ablehnung ist das zentrale Thema in Klimts Frauendarstellungen, der sie mit ihren sinnlich wallenden, oft roten Haaren als männerverschlingende Fabelwesen oder Hexen, dämonisch und unberechenbar darstellt.

Klimt-Detail Beethovenfries 1902
Detail „Beethovenfries“ 1902

Besonders offensichtlich wird das bei den anschaulich gestalteten Frauengestalten für Wollust, Unkeuschheit und Völlerei in seinem „Beethovenfries“. Er stellt an Hand von Beethovens 9. Symphonie die Sehnsucht und die Suche nach dem Glück dar. Die Leiden der schwachen Menschheit wollen überwunden werden, erst wenn auch die sinnlichen Verführungen dieser Welt erfolgreich bekämpft sind, gelingt mit Hilfe der Kunst ein reines Glück in der reinen Liebe.

Siegmund Freud beschreibt den Konflikt zeitgleich als “Kulturleiden”, wo der Mann liebt, begehrt er nicht und umgekehrt. Es mag auf Klimt zugetroffen haben: der lebenslange Junggeselle hatte in Emilie Flöge eine Frau an seiner Seite, die er liebte und bewunderte, der er oft täglich fünf Postkarten schrieb, die er aber nicht begehrte.

Seine sexuellen Bedürfnisse befriedigte er mit seinen “süßen Wiener Mädeln” in seinem Atelier.  Bei „Wollust, Unkeuschheit und Unmäßigkeit“ ist die Erotik von schockierender Sinnlichkeit. Die Frau als Verführerin, das Sinnbild des Objekts der Begierde als Symbol für die Angst des Mannes vor dem eigenen Trieb.

Klimt der Zeichner

In seinen Zeichnungen sind die Frauen meistens nackt und verharren im Reich des Somnambulen. Sie räkeln sich, manchmal sexuell mit sich selbst, zuweilen auch mit einer weiteren Frau beschäftigt.

Klimt - 2 sich umarmende junge Mädchen
„Zwei sich umarmende junge Mädchen“

Klimt interessiert der erotisch stimulierende, erregende Körper. Mit nur wenigen Strichen deutet er an. Ausgesprochen wird nichts.

Klimt-„Zwei liegende Rückenakte“
„Zwei liegende Rückenakte“

Der Betrachter bleibt im Unklaren. Vom Geschlechtsakt ist keine Rede. Aber auszuschließen ist er auch nicht. Ebensowenig wie die Möglichkeit, dass es sich lediglich um zwei schlafende Frauen handelt. Und das Ungesagte, das Nicht-Gezeigte ist voll des sinnlichen Reizes, dem man sich nicht entziehen kann.

Titelbild: „Der Kuss“ – Detail
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Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde
Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde

Auszug aus der Beschreibung:

TASCHEN präsentiert in diesem prachtvollen und von der Kritik gefeierten Band des Klimt-Spezialisten Tobias Natter das komplette Werk Klimts vom frühen Salonmaler über die berühmten Frauenporträts bis zu den späten Landschaften, seinem zeichnerischen Werk und, speziell für diesen Band angefertigten Detailaufnahmen des Stoclet-Frieses.

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Der erotische Parmigianino

Parmigianino - Venus-Detail

Erotik durch Schönheit

Francesco Mazzola, gennannt Parmigianino, (Parma 1503 – 1540) wurde in eine Maler-Familie geboren. Allerdings stand er hauptsächlich unter dem Einfluss von Correggio, dessen Arbeiten zahlreich in seiner Heimatstadt zu bewundern waren. Der schon bekannte Correggio war mit Freskenmalerei in der Kirche San Giovanni Evangelista beauftragt und eine Mitarbeit des jungen Parmigianino ist hier belegt. Das Bedürfnis aus dem Schatten von Correggio herauszutreten und wohl auch ein gewisser Freiheitsdrang und der Wunsch der Enge seiner Heimatstadt zu entfliehen führten ihn nach Rom.

Parmigianino-Selbstbildnis im konvexen Spiegel
„Selbstbildnis im konvexen Spiegel“

Mit sich führte er sein wahrscheinlich berühmtestes Bild, das „Selbstbildnis im konvexen Spiegel“, das von Vasari wie folgt beschrieben wurde:

„Außerdem und um die ganze Tiefe der Kunst auszuloten, begann er eines Tages ein Selbstbildnis zu malen, wobei er sich in einem gewölbten Barbierspiegel betrachtete. Da sah er dann die von der Rundung des Spiegels hervorgerufenen Wunderlichkeiten und wie sich die Deckenbalken, Türen und Gebäude verbogen, die befremdlich zu fliehen schienen.

Es überkam ihn der Wunsch alles ganz nach Lust und Laune neu zu gestalten. Er ließ sich also eine hölzerne Kugel drechseln, die er dann entzwei teilte, wobei eine Hälfte genauso groß war wie der Spiegel und auf diese Halbkugel malte er dann in künstlerischer Meisterhaftigkeit alles, was er im Spiegel sah, vor allem aber sich selbst, und zwar so naturgetreu, wie man es sich gar nicht vorstellen oder glauben mag. Und da alle Dinge, die vorne im Spiegel waren, zu wachsen schienen und alles was im Hintergrund war, kleiner wurde, malte er seine Hand ein bißchen zu groß, so wie er sie eben im Spiegel sah, so schön, daß sie wie wirklich aussah. Und da Francesco von schönem Anschein war und ein anmutiges Antlitz hatte und eher den Engeln als den Menschen glich, schien sein Bildnis in dieser Kugel als wahrhaft göttlich.”

Parmigianino und die langen Glieder

Dieses Schlüsselerlebnis schien sein Werk nachhaltig zu beeinflussen. Er zeigte seine Figuren in anatomisch veränderter Weise, indem er sie quasi verbog. Das ist ganz besonders gut zu sehen bei der „Madonna mit dem langen Hals“.

Parmigianino-Madonna-mit-dem-langen-Hals
„Die Madonna mit dem langen Hals“

Nicht nur ihr Hals ist lang, auch ihre Hand und besonders ihre Finger, auch die Gliedmaßen des Kindes sind unnatürlich lang und eigenartig verbogen. Dadurch wirken die beiden gleichsam unnatürlich und entrückt, als nicht von dieser Welt.

Parmigianino respektiert selbstverständlich das Tabu, das bis in unsere Zeit zwar nicht gilt, aber gelten sollte, dass weder die Madonna noch Jesus nackt dargestellt werden durften.

(An dieser Stelle sei angemerkt, dass es Michelangelo war, der dieses Tabu als Erster gebrochen hatte, als er seine Christusstatue für die römische Kirche Santa Maria sopra Minerva schuf, nackt, perfekt und überirdisch schön wie nur ein Gott sein kann. Es wurde ihm allerdings nicht gestattet und ein metallener Lendenschurz angebracht. Es war eben jenes Zeitalter, in dem die Künstler sich mehr an der Darstellung des nackten Körper begeisterten als in jedem anderen.)

Dennoch ist auch die „Madonna mit dem langen Hals“ ein erotisches Bild. Nicht die Muttergottes selbst übt den erotischen Reiz aus, sondern das junge Mädchen vorne links, das in das Bild hinein drängt und dabei, wie unabsichtlich, ihr nacktes Bein nach vorne schiebt. Obwohl sie ganz auf die Marienerscheinung konzentriert ist, hat diese Bewegung etwas Obszönes. Und gerade der scharfe Kontrast zwischen dem nackten Bein und der himmlischen Madonna verstärken die erotische Herausforderung.

Parmigianino und die heilige Katharina

Ähnlich wie bei seinem Lehrer und Vorbild Correggio, liegt auch bei Parmigianino der Grund warum wir seine Werke als erotisch empfinden in der Schönheit der Dargestellten.

Parmigianino - "Die heilige Katharina"
„Die heilige Katharina“

In seiner Studie zur Heiligen Katharina sehen wir kein Aktbild, sondern nur ein junges, schönes und besonders graziöses Mädchen, das sich ihrer Ausstrahlung aber schon ganz bewusst ist. Mit einem höchst koketten Augenaufschlag sieht sie jemanden an, der ihre Brüste berührt.

Wahrscheinlich sind es Frauenhände, wir vermeinen auch langes Frauenhaar oder möglicherweise eine Haube in der rechten Bildhälfte wahrzunehmen – aber Genaues sieht man nicht. Das lässt unserer Phantasie weiten Spielraum, stimuliert unsere Vorstellungskräfte und bewirkt eine erotische Erregung.

Es ist die Andeutung, das Unausgesprochene, das hier sexuell auf uns wirkt. Und auch die Neugier auf das Nicht-Gezeigte provoziert unsere Vorstellungskraft und lenkt unsere Gedanken in eine bestimmte und notwendigerweise erotische Richtung.

Titelbild: „Venus“ – Detail
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Kunst. Die ganze Geschichte
Kunst. Die ganze Geschichte

Auszug aus der Beschreibung:

„Dieses Buch vermittelt Kunst auf leicht verständliche und übersichtliche Weise. Anhand zahlreicher Beispiele wird ihre komplexe Geschichte erzählt – durch alle Zeiten, alle Gattungen und alle Regionen der Welt; angefangen bei urzeitlichen Höhlenmalereien bis hin zu Multimedia-Installationen der Gegenwart.“

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Der erotische Realismus bei Rembrandt

Rembrandt - Diana mit Aktäon und Kallisto

Der große Niederländer

Rembrandt von Rijn (Leiden 1606 – 1669 Amsterdam) gilt als der wichtigste niederländische Maler des 17. Jahrhunderts. Seine Art, Licht und Schatten einzusetzen, machte ihn berühmt. Zu den bekanntesten Gemälden zählt die sogenannte “Nachtwache”. Rembrandt starb 1669 völlig verarmt in Amsterdam.

Nun ist man nicht unbedingt geneigt, Rembrandt und Erotik sofort in Zusammenhang zu setzen und doch ist das erotische Element auch und gerade bei ihm sehr ausgeprägt. Vor allem weil es sich ganz wesentlich von den anderen erotischen Darstellungen seiner Zeit unterscheidet.

Rembrandt – erotische Andeutungen

Besonders in seiner Anfangszeit, als er sich als angesehener Portraitmaler einen Namen machte, fehlte diese Komponente. Rembrandt begnügte sich mit erotischen Andeutungen, die kaum Anlass zur Kritik geben konnten. Eine Ausnahme in dieser ersten, angepassten und daher auch erfolgreichen Amsterdamer Zeit bildet zweifellos “Joseph und Potiphars Weib” von 1634 (s. unten).

Rembrandt "Joseph und Potiphars Weib" 1634
„Joseph und Potiphars Weib“ 1634

Rembrandt – Erotik zum Anfassen

Erst in der dritten Amsterdamer Zeit, ab 1650, als er sich ganz von der sogenannten Gesellschaft abwandte, weil er sie zutiefst verachtete und die Menschen so zeigte wie sie sind, entstanden jene Bilder, die weit über die künstlerische Kraft seiner genialen Licht- und Schattenspiele hinausgehen. Dann sieht man die erotischsten Frauen der Kunstgeschichte, weil sie nicht mythologisch verklärt sind, sondern die Frau zum Anfassen von nebenan, wie „Hendrickye badend” von 1654 oder “Jupiter und Antiope” von 1659.

Rembrandt - Hendrickje badend 1654
„Hendrickje badend“ 1654

Die besondere emotionale Wirkung vieler seiner Gemälde ist darauf zurückzuführen, dass die dargestellten Frauen jene sind, die er liebte. Seine Mutter Cornelia, seine blonde Frau Saskia, das Kindermädchen seines Sohnes Geertje Dircks und seine dunkelhaarige Geliebte Hendrickye Stoffels.

Rembrandt-junge Frau im Bett
„Junge Frau im Bett“

Auch bei der jungen Frau im Bett gab und gibt es zahlreiche Spekulationen ob es sich bei der Dargestellten um Saskia van Uylenburgh oder Hendrickje Stoffels handeln könnte.

Rembrandt -Jupiter und Antiope 1659
„Jupiter und Antiope“ 1659

Die Intimität, die bei Betrachtung von Rembrandts Bildern entsteht, ist nicht zuletzt auf seinen schonungslosen Realismus zurückzuführen. Seine Frauen sind plump, manchmal fett und haben Cellulitis, seine Vorbilder sind nicht die klassisch antike Venus sondern die Wäscherin oder Bäuerin.

Titelbild: „Diana mit Aktäon und Kallisto“ – Ausschnitt

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Rembrandt. Sämtliche Gemälde
Rembrandt. Sämtliche Gemälde

Auszug aus der Beschreibung:

„Diese Monografie im XXL-Format stellt aus Anlass der großen Ausstellung im Rijksmuseum zum 350. Todestag alle 330 Gemälde Rembrandt Harmensz van Rijns in außergewöhnlicher Druckqualität zusammen und bietet die Gelegenheit, den facettenreichsten Künstler des Goldenen Zeitalters im Detail zu studieren.“

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Das Pelzchen von Rubens

Rubens - Leda und der Schwan-Ausschnitt

Ein privates Gemälde öffentlich gemacht

Peter Paul Rubens (Siegen 1577 – 1640 Antwerpen) war 49 Jahre alt als nach 17 Ehejahren seine erste Frau Isabella Brant an der Pest starb. Er trauerte sehr um sie, denn die Ehe war glücklich, sie hatten drei Kinder.

Rubens und Hèléne Fourment

Wenig später, anlässlich einer Auftragsarbeit für den wohlhabenden Tuchhändler Daniel Fourment, lernte er dessen Tochter Hélène Fourment kennen.

Sie war 16 Jahre und sehr klug und Rubens verliebte sich in sie. So sehr, dass er sich dazu entschloss, sie zu heiraten. Was allgemein nicht ohne Kritik blieb. Er war zu dieser Zeit nicht nur ein Künstler von Rang und Ansehen, sondern hatte auch das Vertrauen des Königs gewonnen, wurde Sekretär des Geheimen Rates und in zahlreichen diplomatischen Missionen in Europa unterwegs.

Hélène Fourment von Jan Boeckhorst
„Hélène Fourment“ von Jan Boeckhorst

Im Jahr seiner Heirat, 1630, schrieb Rubens in einem Brief:

“…ich habe eine junge Frau aus gutem, aber bürgerlichen Haus genommen, obwohl alle Welt mich zu überreden trachtete, eine Hofdame zu ehelichen. Es hat mir gefallen, ein Weib zu nehmen, das nicht errötet, wenn es mich den Pinsel zur Hand nehmen sieht. Um die Wahrheit zu sagen, wäre es mir hart angekommen, den kostbaren Schatz der Freiheit gegen die Liebkosungen einer Alten einzutauschen.”

Natürlich war diese Ehe mit dem jungen Mädchen auch – und vielleicht vor allem – eine erotische Liebesbeziehung. Sie dauerte zehn Jahre, die beiden hatten fünf Kinder, eines wurde erst unmittelbar vor Rubens’ Tod gezeugt.

Rubens "Der Künstler mit seiner Frau Hélène Fourment und ihrem Sohn Peter Paul"
„Der Künstler mit seiner Frau Hélène Fourment und ihrem Sohn Peter Paul“

„Das Pelzchen“ von Rubens

Ich empfinde das Bildnis seiner jungen Ehefrau, genannt „Pelzchen“ als eines der Erotischsten in der Malerei – unabhängig von persönlichen Präferenzen bezüglich eines üppigen oder sehr schlanken Körpers. Wenn man der Meinung ist, dass das Nicht-Sichtbare, das Geheimnisvolle, den erotischen Eindruck auszeichnet, so ist dieses Bild wohl das Paradebeispiel. Das Spiel mit dem Pelz auf nackter Haut hat an sich schon etwas Laszives, weil es das Animalisch-Sinnliche verkörpert.

Rubens-Pelzchen
„Pelzchen“

Rubens hat das Bild für sich selbst gemalt, mit der Absicht, es niemals öffentlich auszustellen. So steht hier eine Frau für ihren Mann Modell und sie tut das in vollkommen ungehemmter Natürlichkeit. Die ungezwungene Pose der Venus mit dem weißen Haarband, das ihre jugendliche Reinheit in Kontrast zu ihrem nackten Körper stellt, erhöht die erotischen Wirkung. Die intime Nähe zwischen der sinnlichen Frau und ihrem Betrachter sind vorher, vielleicht auch nachher, niemals so zum Ausdruck gekommen.

Der Pelz bei Tizian

Übrigens hat schon Tizian dieses Motiv bei seinem „Mädchen im Pelz“ gewählt. Bei ihm entsteht der erotische Reiz durch den Gegensatz zwischen der hellen, weichen Haut und dem dunklen, samtigen Pelz. Rubens aber gelingt es auf einmalige Weise durch das anscheinende Verdecken eines Teiles ihres Körpers, ihn im Ganzen gleichzeitig mehr zu entblößen.

Tizian - "Mädchen im Pelz"
Tizian – „Mädchen im Pelz“

(Anm.: Beide Gemälde befinden sich im Kunsthistorischen Museum in Wien)

Titelbild: „Leda und der Schwan“ – Detail

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Kunst. Die ganze Geschichte
Kunst. Die ganze Geschichte

Auszug aus der Beschreibung:

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Die verstörende Erotik bei Schiele

Schiele - liegender weiblicher Akt - Ausschnitt

Der Expressionist Egon Schiele

Egon Schiele (Tulln 1890 – 1918 Wien) wurde nahe Wien geboren. Schon früh entdeckte man sein großes Talent und so wurde er bereits mit 16 Jahren in die Wiener Akademie der bildenden Künste aufgenommen.

Im Alter von 19 hatte Schiele schon seine ersten Erfolge, gleichzeitig aber auch Probleme wegen der „Verbreitung unsittlicher Zeichnungen“, die letztlich in der fälschlichen Beschuldigung sexueller Übergriffe an Minderjährigen gipfelten.

1915 wurde er in den miltärischen Verwaltungsdienst eingezogen und heiratete seine langjährige Freundin Edith Harms, die nicht nur entscheidend zur Beruhigung seines aufgewühlten Wesen beigetragen hat, sondern auch eine inspirierende Wirkung auf ihn hatte und oft von ihm porträtiert wurde.

Das Jahr 1918 beraubte die Welt um die drei Lichtgestalten des Jugendstils: den bedeutendsten Architekten dieser Kunstepoche Otto Wagner und die beiden größten Maler des Jugendstils, Gustav Klimt und am Ende des Krieges, durch die spanische Grippe, auch noch Egon Schiele.

Schiele verehrte Klimt, der sein lebenslanger Freund und auch Mentor war und ihn anfänglich künstlerisch sehr beeinflusst hatte. Doch schon mit 20 Jahren wandte er sich von der Ornamentik ab und ging seinen eigenen Weg.

Schiele – Maler der Kellergewölbe

War Klimt der Maler der Bel Etage, so war Schiele der Maler der Kellergewölbe. Er reißt den Damen den schönen Schleier ab und präsentiert sie in provokanter Betonung ihres Geschlechts, als gestörte und verstörte Wesen der Hölle. Hier birgt der nackte Körper Schrecken und Qual aber auch sinnlichstes Begehren in höchster Form.

Schiele-SchwarzhaarigesMädchen mit hochgeschlagenem Rock
„Schwarzhaarigen Mädchen mit hochgeschlagenen Rock“

Wie bei seinem „Schwarzhaarigen Mädchen mit hochgeschlagenen Rock“ ist er oft auf das Geschlechtsteil fixiert, das er mit überhöhter Emotionalität  betont. Er spreizt und streckt den Frauenkörper schmerzhaft in die Länge, macht ihn eckig, knochig und hart, zieht das Gesicht ins Fratzenhafte und weidet sich an der Hässlichkeit der dadurch verzerrten Formen. Oft taumeln seine Figuren im Nichts eines leeren Hintergrunds.

Schiele - „Liegende Frau“
„Liegende Frau“

Es ist seine totale Enthemmtheit, die uns, wie auch bei seinem wunderbaren Aktbild „Liegende Frau“, sexuell stimuliert. Der Körper bietet sich in nicht mehr zu steigernder Laszivität dar und vermittelt und provoziert ein animalisches Begehren. Über allen seinen Bilder schwebt das Welken, die beginnende Verwesung, der nahende Tod.

„Alles ist lebend tot“, schreibt er als junger Mann.

Schiele der Zeichner

Schiele-„Masturbierende Frau“
„Masturbierende Frau“

Schiele war auch als Maler immer ein Zeichner. Auch bei seiner „Masturbierenden Frau“ wird der Akt zum Geschlechtsakt, auch bei der Selbstbefriedigung wird die Sexualität mit nur ganz wenigen Strichen zur Qual. Auch hier wird seine Faszination für das Geschlecht zur Obsession. Sein verzerrter Realismus macht die erotische Liebe zum düsteren Tanz in den Abgrund. Seine Sexualität verstört und erregt Grauen und Furcht und doch bleibt man als Betrachter lustvoll erschreckt und aufgewühlt stimuliert.

Titelbild: „Liegender weiblicher Akt“ – 1917

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Egon Schiele. Sämtliche Gemälde 1909-1918
Egon Schiele. Sämtliche Gemälde 1909-1918

Auszug aus der Beschreibung:

„In diesem umfangreichen neuen Buch, Egon Schiele. Sämtliche Gemälde von 1909–1918, illustrieren 221 Gemälde und 146 Zeichnungen aus dem fruchtbaren letzten Jahrzehnt seines Lebens Schieles außergewöhnliche Entwicklung auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Ein Großteil seiner Werke wurde für diesen Band aufwendig neu fotografiert.“

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Die triebhafte Erotik bei Franz von Stuck

Stuck - Salome - Ausschnitt

Der Universalkünstler

Franz von Stuck (Tettenweis 1863-1928 München) wurde im Landkreis Passau in Niederbayern als Sohn eines Bauern geboren und konnte schon bald nach seinen Studien erste Erfolge verbuchen. 1892 war er Mitbegründer der Sezession und ab 1895 ein geschätzter Professor an der Münchner Akademie, wo er unter anderem den russischen Maler Wassily Kandinsky (1866-1944) und den deutsch-schweizerischen Maler Paul Klee (1879-1940) unterrichtete.  1906 erfolgte die Erhebung in den Adelsstand, gefolgt von weiteren Ehrungen.

Stuck – sinnlich und triebhaft

»Der Mensch als sinnliches und triebhaftes Wesen« (Heinrich Voss), mit diesen Worten kann das Werk Stucks treffend beschrieben werden. Seine Darstellung meist erotischer Themen, oft der antiken Mythologie oder der christlichen Ikonografie entnommen, entsprachen nicht nur dem Zeitgeschmack, sondern spiegeln fraglos den Zeitgeist um 1900 wider. Wenn bei Gustav Klimt von der Femme fatale die Rede war, von der zeittypischen Vorstellung vom Wesen der Frau als Bedrohung für den Mann, so spielt das selbe Thema auch in der Darstellung der Frau bei Franz von Stuck eine zentrale Rolle.

Die Sünde bei Franz von Stuck

Auch bei Stuck wird die Frau oft zur grausamen Verführerin, die den Mann in die Nähe von Tod und Untergang führt. „Die Sünde“ von 1893 ist ein wunderbares Beispiel. Bedrohlichkeit und Verführung sind meisterhaft durch die Farbgebung ausgedrückt.

Stuck - die Sünde
„Die Sünde“

Der Körper der Frau, das Sinnbild für die Sexualität, wächst aus dem Dunkel ins gleißende Licht. Im Hintergrund rechts in orange-roter Farbe ein loderndes Feuer. Das Gesicht ist noch in ein mystisches Halbdunkel getaucht, was der Frau etwas Undurchsichtiges und Geheimnisvolles verleiht.

Doch der Körper ist strahlend hell und verlockend. Er ist schön und weiß, er ladet ein und fordert auf. Schwer und schwarz liegt die Schlange auf ihren Schultern und schlingt sich um ihren provozierenden Körper. Sie ist das Symbol der Verführung und des nahenden Untergangs, ebenso wie der gefährlich lockende Blick der Frau. Sie ist gleichermaßen Objekt der Begierde und der Untergang des hilflos ihren Reizen ausgesetzten Mannes.

Stuck und  die Mystik

Noch stärker wird dies in dem „Kuss der Sphinx“, 1895, deutlich. Im zu Grunde liegenden Mythos lauert die Sphinx am Weg nach Theben Reisenden auf und stellt ihnen ein Rätsel. Wenn die Kandidaten es nicht lösen, werden sie zerrissen.

Stuck - Kuss der Sphinx
„Kuss der Sphinx“

Auch hier wieder herrschen die dunklen Farben vor, während die Figuren durch präzise Umrisslinien konturiert sind. Die Sphinx ist halb Frau, halb Raubtier, räuberisch und heimtückisch. Doch ihr Kuss ist verführerisch und so gibt der Mann sich ihr wider besseres Wissen hin. Damit ist sein Verderben besiegelt.

Sie hält ihn in ihren Klauen und trotz seines starken und muskulösen Körpers kann er sich nicht mehr befreien. Ihre mächtigen Pranken umklammern seinen Brustkorb, ihre Brust, in provokanter Nacktheit und fast ordinärer Pose, sowie ihre langen Haare, die wie eine Mähne herabfallen verstärken noch den Eindruck der Umklammerung. Und doch wird eine unglaubliche Lust fühlbar, vor einem blutroten Himmel, eine Szene von höchster erotischer Intensität. Ein wollüstiger Taumel in den Tod.

Stuck war ein Universalkünstler, der neben seinen Gemälden auch Plastiken, Mosaike, Möbel und die Pläne zu seiner Münchner Villa entwarf. Auch kam es vor, dass er ein von ihm geschaffenes Gemälde mit einem kunstvollen Rahmen versah – so geschehen bei „Sünde“ oder auch bei der „Sphinx“.

Franz von Stuck - Sphinx
„Sphinx“

Franz von Stucks Bedeutung reicht weit über seine Zeit hinaus. Nicht zuletzt weil sein Werk als Bindeglied zwischen der Kunst des 19. Jahrhunderts und der Moderne eingestuft werden kann.

Titelbild: „Salome“ – Ausschnitt

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Stuck - Tilla Durieux als Circe
Stuck – Tilla Durieux als Circe

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Zwielichtige Erotik bei Toulouse-Lautrec

Toulouse-Lautrec - Im Bett

Der Maler der Spelunken und Bordelle

Henri de Toulouse-Lautrec (Albi 1864 – 1901 Gironde) entstammte einem alten Adelsgeschlecht, den Grafen von Toulouse und litt, möglicherweise wegen Inzucht in der Familie, an der Erbkrankheit Pyknodysostose, einer Zwergwüchsigkeit. Schon als Kind zeichnete er gerne und bald war ihm klar, dass er Maler werden wollte.

Er war nur wenig von seinen Lehrern beeinflußt, und entwickelte bald eine eigene, persönliche Technik. Er fand seine Freunde rund um den Montmartre, und so wurde das Quartier um die Place Pigalle beim Moulin Rouge seine neue Heimat. Hier erhielt er auch seine ersten Aufträge und er fertigte Lithographien und Plakate an, die ihn bald berühmt machten. Er fand seine Motive in den Vergnügungslokalen und der Halbwelt. Seine Krankheit, aber auch Alkoholmißbrauch und Depressionen führten zu seinem frühen Tod mit 36 Jahren.

Toulouse-Lautrec im Moulin Rouge

Wenngleich Toulouse-Lautrec zahlreiche Aktbilder geschaffen hat, so finde ich seine angezogenen Frauen weitaus erotischer. Sowohl „Die Sitzende Clownesse“ als auch „Jane Avril tanzend“ sind gute Beispiele dafür.

Toulouse-Lautrec - „Die Sitzende Clownesse“ - „Jane Avril tanzend“
„Die Sitzende Clownesse“ – „Jane Avril tanzend“

Das tanzende Mädchen bewegt sich in so aufreizender Weise, dass sie eine lüsterne, schwülstige Atmosphäre heraufbeschwört. Ebenso animierend ist die sitzende Frau, die mit ihren ordinär gespreizten Beinen die primitivsten Sinne anspricht.

Seine Modelle kamen fast immer aus zwielichtigen Bars und Spelunken, Cabarets und Bordellen. Hier fand er das Leben in seiner intensivsten Form. Kein Gefühl war hier fremd oder wurde unterdrückt. Liebe und Gewalt, Kälte und Wärme, Erotik und Ekel, Enthusiasmus und Apathie reichten einander ständig die Hand.

Toulouse-Lautrec und die Bordelle

In dieser Atmosphäre der Gegensätze fühlte er sich wohl, entsprach sie doch seiner inneren Zerrissenheit zwischen Geselligkeit und größter innerer Einsamkeit.

Toulouse-Lautrec - „Die dicke Marie“
„Die dicke Marie“

„Die dicke Marie“ ist ein sehr erotischer Akt, mit allem, was man von einem Aktbild erwartet. Wir sehen einen üppigen Körper, der sich ganz zwanglos unseren Blicken preisgibt. Die Beine sind leicht geöffnet, sie verschließt sich uns nicht und ist in ihrer Einfachheit von einer fast archaischen sexuellen Ausstrahlung.

Aber ihr Blick ist abgklärt und müde und steht in krassem Gegensatz zu ihrer willigen Körperhaltung. Sie vermittelt Lust, aber sie empfindet sie nicht. Gleich wird ein rotgesichtiger Freier ihren Körper benutzen und sie wird ihn ihm ohne innere Anteilnahme zur Verfügung stellen.

Wegen seiner eigenen Unzulänglichkeit war Toulouse-Lautrec von einer grenzenlosen Toleranz gegenüber den Unvollkommenheiten der Menschen geprägt. Er schätzte und achtete seine Modelle, die zumeist Prostituierte waren, und er behandelte sie mit dem größten Respekt. Er zeigt sie als gleichrangige Leidensgenossen in einer mühseligen Welt.

„Die Toilette“

Das wahrscheinlich erotischste aller seiner Bilder ist „Die Toilette“. Im Gegensatz zu den meisten anderen Frauenbildern zeigt er uns dieses Mädchen von hinten.

Toulouse-Lautrec - „Die Toilette“
„Die Toilette“

Alles was wir wahrnehmen ist ein schöner junger Körper in einer erotischen Pose. Der Unterrock, den sie weit hinauf geschoben hat und die dunklen Strümpfe bilden einen reizvollen Kontrast zu der nackten Haut. Das Mädchen fühlt sich unbeobachtet und wirkt unschuldig verführerisch. Weil wir ihr Gesicht nicht sehen bleibt ihr Schicksal unklar.

Die meisten Frauen bei Toulouse-Lautrec sind nicht verführerisch glänzende Schönheiten sondern spiegeln in ihrem Ausdruck einen tristen und monotonen Alltag wider, der sie melancholisch macht und einsam. Hier bleibt uns das verborgen und wir genießen einen brillianten Rückenakt, geschaffen von einem genialen Künstler, der fraglos zu einem Wegbereiter des Expressionismus wurde und den wir im Werk Schieles immer wieder begegnen.

Titelbild: „Im Bett“

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Henri de Toulouse-Lautrec "La Toilette"
Henri de Toulouse-Lautrec „La Toilette“

Kunstdruck/Poster
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Die plakative Erotik bei Walde

Walde- Vier Badende, 1925

Plakate und Erotik

Alfons WaldeAlfons Walde (Oberndorf 1891-1958 Kitzbühel) wurde in Salzburg geboren, übersiedelte aber schon ein Jahr später nach Kitzbühel in Tirol, wo er seine lebenslange emotionale und auch künstlerische Heimat fand.

Walde hat schon als Kind mit Aquarellen und Temperabildern auf sich aufmerksam gemacht, bevor er an der Technischen Universität in Wien seine Studien begann.

Während des Ersten Weltkriegs war er als Fähnrich in Südtirol und Bosnien stationiert und wurde mehrfach ausgezeichnet. Ab 1918 war er wieder in Kitzbühel und schuf schon bald seine berühmten verschneiten Bergdörfer, beschwingten Schifahrer und bäuerlichen Szenen.

Das Plakative bei Walde – im Winter

Mit seinem großen Talent fürs Plakative entstanden zwischen 1920 und 1938 jene Plakate der Winterlandschaften und Wintersportmotive mit blockhaften Figuren in strengen Kompositionen und kräftigen Farben, mit denen er seine Heimat gekonnt touristisch vermarktet und die ihn international bekannt machten. Seine Begabung für die Schaffung atmosphärischer Dichte zeichnen diese Werke aus, die weit über bloße Werbemittel hinausgehen.

Walde - Nackte vor der Almhütte
“Nackte vor der Almhütte”

Mit dem Bild “Nackte vor der Almhütte” gelang Walde eine geglückte Symbiose von Natur und nackten Körpern: eine prachtvolle Landschaftskulisse als gelungener Prospekt für ein Wintersportparadies und drei aufreizende Akte, die im Vordergrund die Natur überhöhen.

Sein Talent war eine gewisse Unschärfe der Darstellung und eine große Beherrschung der Lichteffekte, die den weißen Schnee gleißend erstrahlen und die nackten Körper leuchten lassen. Oft musste er sich den Vorwurf als Maler von allzu lieblichen Idyllen gefallen lassen, aber sehr oft wird auch die perfekt in Szene gesetzt Einsamkeit der Berghäuser und die Isoliertheit und Anonymität der Menschen in der rauen Natur übersehen, die diese Idyllen überschatten.

Das Plakative bei Walde – im Sommer

Es gibt auch eine Sommervariante zu den „Nackten vor der Almhütte“ : die „Badenden im Schwarzsee“, wo der erotische Aspekt die Naturdarstellung überlagert. Durch das Fehlen von räumlicher Tiefe werden die nackten Körper fast schamlos an den Betrachter gedrückt.

Walde - Badende am Schwarzsee
„Badende am Schwarzsee“

Dennoch betritt dieser ihre Intimsphäre als ungebetener Besucher. Die drei Frauen sind ganz und gar miteinander beschäftigt in gänzlich ungezwungener Natürlichkeit der Bewegungen und würdigen ihn keines Blickes. Somit wird er zum unschuldigen Voyeur, was den sinnlichen Reiz des Bildes ausmacht.

Walde und sein erotisches Werk

Weniger bekannt war lange Zeit, dass er auch ein reiches erotisches Werk geschaffen hatte mit zahlreichen Aktbildern, die teilweise erst in jüngster Zeit veröffentlicht wurden.

Walde-„Sitzende mit übergeschlagenem Bein“
„Sitzende mit übergeschlagenem Bein“

Auch bei dem Akt „Sitzende mit übergeschlagenem Bein“ gelingt ihm durch zeichnerische und farbliche Unschärfe eine geheimnisvoll erotische Atmosphäre. Die fast obszön-laszive Haltung der Frau, der aufdringlich in den Vordergrund drängende Schenkel mit Hüfte, das von der Brust rutschende Unterkleid, die fleischliche Üppigkeit des Körpers, die grellroten Lippen und der lüsterne Blick machen die Porträtierte zu einer fast ordinär sexuellen Herausforderung.

Das für mich erotischste aller seiner Bilder ist keines seiner Akte, sondern „Erotikum“ von 1925. Es ist noch stark dem Jugendstil verwandt und eine verheißungsvolle Einladung zu sinnlichen Genüssen.

Alfons Walde - „Erotikum“, ca. 1925
„Erotikum“ ca. 1925

Der stärkste Reiz liegt in dem Kontrast von heller Haut und dunklem Hintergrund, der den Körper so begehrenswert macht. Sie verdeckt ihn teilweise mit einem Pelz, was die Lust erweckt, ihn ganz zu sehen. Er ist biegsam und weich. Die Frau selbst wendet den Kopf, ihre weißen Zähne leuchten aus einem dunkelrot geschminkten Mund und in ihren Augen liegt ein Blick wie eine Aufforderung. Der Mittelpunkt aber ist ihre linke Hand, die mit ihren übersteigert langen Fingern den wohl größten erotischen Effekt haben.

Walde selbst gründete 1923 den Kunstverlag Alfons Walde, der seine beliebtesten Bilder als Postkarten und später auch als Kunstdrucke vertrieb. Ab 1946 widmete er sich intensiv seiner Arbeit für Architekturprojekte und erhielt zum 65. Geburtstag 1956 den Titel Professor. Am 11. Dezember 1958 erlitt der schon lange herzkranke Walde im Haus seiner Schwester einen Herzinfarkt und starb. Er war dreimal verheiratet und hatte eine Tochter.

Titelbild: „Vier Badende“ um 1925
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Poster "Almen im Schnee"
Poster „Almen im Schnee“

Gerahmter Kunstdruck von Alfons Walde

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Rokoko-Erotik bei Watteau

Watteau - Diana

Sinnlichkeit – ein frivoles Spiel

Antoine Watteau (Valenciennes 1684 – 1721 Nogent-sur-Marne) ist wahrscheinlich der bedeutendste Maler des französischen Rokoko. Schon im Alter von zehn Jahren begann Watteau seine Studien, die er in Paris fortsetzte. Trotz eines kurzen Lebens, in welchem er, an Tuberkulose leidend, stets kränklich war, hat er ein reiches Werk hinterlassen.

Im Gegensatz zu seinem wohl krankheitsbedingten, melancholischen Wesen verherrlichen seine Bilder Lebenslust und Sinnesfreuden. Ganz dem Geschmack und der Mode der Zeit entsprechend schuf Watteau heitere Schäferstücke, malte die „fêtes galantes“ und ländliche Vergnügungen oder porträtierte die Schauspieler der Theater in phantasievollen Kostümen, die einen wesentlichen Einfluss auf die herrschende Mode ausübten.

Watteau – „Die Toilette“

Das Rokoko widmete sich ausführlich der erotischen Kunst und auch Watteau ist ein Meister der Darstellung aller Spielarten galanter Liebeswerbung, Verführung und frivoler Anspielungen. Ein typisches Beispiel für eine solche erotische Szenerie ist das Bild „Die Toilette“.

Watteau - Die Toilette
„Die Toilette“

Im Gegensatz zu vielen anderen Darstellungen dieses Motivs verzichtet Watteau ganz auf beliebte Accessoires, wie Parfumfläschchen, Döschen oder Schmuckkästchen. Er konzentriert sich ganz auf den weiblichen Akt.

Aus erdigen Tönen strahlt ihr heller Körper, noch betont durch das weiße Hemd, das sie sich gerade um den Kopf zieht. Erst auf den zweiten Blick sieht man eine Dienerin und ein Hündchen, die sich farblich kaum von Bett und Vorhang abheben.

Durch die ovale Form des Bildes werden wir, die Betrachter, in die Position des Voyeurs, der durch ein Schlüsselloch schaut, versetzt. Und wir wurden dabei entdeckt.

Das Mädchen schaut uns direkt an, sie lächelt ganz leicht, hat vor Aufregung gerötete Wangen und genießt es ganz offensichtlich, beobachtet zu werden. Kokett hebt sie ihren linken Arm, um ihre Brust zu zeigen. Sie tut das ausschließlich, um ihre Reize besser zur Geltung zu bringen und nicht weil das Ankleiden diese Bewegung nötig macht. Da nur sie und weder die Dienerin noch der Hund uns bemerken, entsteht eine unglaubliche Intimität zwischen uns und ihr.

Auch hier ist Watteau ganz im Trend seiner Zeit. Immer steht in diesem Jahrhundert jemand hinter dem Vorhang, schaut durchs Schlüsselloch, lauscht an der Tür – auch und vor allem an der eigenen.

Watteaus „Jupiter und Antiope“

Das Bild wurde wahrscheinlich zwischen 1714 und 1719 gemalt. Im zu Grunde liegenden Mythos wird die schöne Tochter des Königs von Theben, Antiope, von Zeus, bzw. in der römischen Mythologie von Jupiter, im Schlaf verführt, wobei Zeus die Gestalt eines Satyrn annimmt.

Watteau Jupiter und Antiope
„Jupiter und Antiope“

Der Satyr steht für die männliche Sexsucht und ist somit ein beliebtes Motiv, um einen erotischen Zusammenhang herzustellen. Die Satyrn sind Gefolgsleute des Bacchus, sind meist hässlich, haben oft Merkmale des Ziegenbocks, wie Hörner am Kopf oder Bocksbeine und zumindest teilweise ein Fell. Sie sind kräftig, muskulös und sonnenverbrannt. Dadurch entsteht ein erregender Kontrast zu den ihnen zur Seite gestellten Frauen, die, wie auch in diesem Fall, meist besonders hellhäutig sind.

Die Farbe der Haut ist hier fast weiß, hat also die Farbe der Unschuld. Diese Unschuld wird durch die Schönheit und Jugend des Mädchens noch unterstrichen. Gegensätzlicher könnten die beiden also nicht sein. Dadurch entsteht eine gewaltige erotische Spannung, die durch die Körperhaltung der Dargestellten noch gesteigert wird.

Sie liegt ahnungslos schlafend in entspannter Pose und über ihr als dunkler, drohender Schatten, wie ein Raubvogel mit gespreizten Flügeln, ein extrem muskulöser Männerkörper, dessen Kopf in einer Linie mit ihrer Scham direkt in ihr Inneres zu blicken scheint, mit lüstern herausgestreckter Zunge.

Die Haltung der beiden Liegenden formt nochmals ein Oval innerhalb des Ovals des Bildes und des Rahmens. Diese äußerst harmonische Bildkomposition bildet nochmals einen Kontrast, in dem Fall zu dem bedrohlichen Moment der dargestellten Szene.

Eine Meisterleistung wie die Lüsternheit und sexuelle Begierde hier fast fühlbar umgesetzt wurde.

Titelbild: „Diana im Bade“

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Art - Über 2500 Kunstwerke
Art – Über 2500 Kunstwerke

Auszug aus der Buchbeschreibung:

Die Weltgeschichte der Kunst
Von der Höhlenmalerei bis zur modernen Medienkunst: Dieses visuelle Nachschlagewerk stellt Ihnen die 2.500 wichtigsten Kunstwerke aus 30.000 Jahren Kunstgeschichte und allen Kulturkreisen in beeindruckender Art und Weise vor. Mit mehr als 3.000 brillanten Abbildungen, über 700 Künstler-Profilen sowie allen Infos zu Epochen und Strömungen ist es die perfekte Kombination aus Nachschlagewerk und Bildband und hilft Ihnen dabei, Kunst zu beurteilen und zu verstehen.

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