Der erotische Canova

Canova-Amor und Psyche - Detail

Barocke Erotik im Klassizismus

Antonio CanovaAntonio Canova (Possagno 1757 – 1822 Venedig) begann seine Studien zum Bildhauer mit 14 Jahren, nur 4 Jahre später machte er sich selbständig. Er war besessen von seiner Arbeit und war in zahlreichen Städten Europas tätig.

Eine seiner schönsten und gefühlvollsten Schöpfungen ist das Grabmal der Erzherzogin Maria Christina in Wien, Lieblingstochter der Kaiserin Maria Theresia und vielgeliebte und schmerzliche vermisste Ehefrau von Albert von Sachsen Teschen.

Canova - Grabmal Maria Christina in Wien
Grabmal für Maria Christina in Wien

Canova orientierte sich an der Antike – ganz der Zeit gemäß. Und es gelingt ihm dabei das Empire mit barocken Elementen zu verschmelzen.

Canova und die Frauen

Am Genialsten zeigt er sich stets bei der Darstellung der Frauen. Sie scheinen aus dem Marmor zu gleiten, mit fließenden Bewegungen als wären sie lebendig. Nichts ist süßlich oder kitschig bei Canova sondern erhaben und feierlich und von großer, vollendeter Schönheit. Die Frau wird zur anbetungswürdigen Göttin.

Ganz besonders deutlich wird das bei „Hebe“ von 1796.

Antonio Canova Hebe
„Hebe“

So unnahbar und doch so nah. Es scheint als wolle sie von ihrem Podest steigen. Sie ist voll graziler Anmut und in sich versunken. Das Kleid verdeckt nicht sondern formt die Rundungen ihres Körpers, was ihr gleichzeitig einen starken erotischen Reiz verleiht.

Der Tanz

Seine unnachahmliche Kunst den Körpern Bewegung einzuhauchen kann noch deutlicher bei seinen tanzenden Frauen gefühlt werden. Der Tanz verkörperte für Canova die weibliche Schönheit in Perfektion.

Canova-Tänzerin mit den Händen in den Hüften um 1810
„Tänzerin mit den Händen in den Hüften“

Die Tänzerin hebt anmutig ihr fast durchsichtiges Kleid und präsentiert ihre Formen im Bewußtsein ihrer Schönheit und Grazie. Der Stoff schmiegt sich an ihren Körper in vollendeter Harmonie und verleiht ihr Lebendigkeit. Der Blick richtet sich in die Ferne und verleiht ihr eine entrückte Distanz.

„Amor und Psyche“

Das für mich erotischste seiner Werke ist „Amor und Psyche“ von 1793. Die mythische Liebe zwischen dem Gott Amor und der Königstochter Psyche war zu allen Zeiten ein beliebtes Sujet der bildenden Künstler. Die Version von Canova zählt für mich zu den schönsten in der Geschichte der Bildhauerei.

Canova - Amor und Psyche 1793
„Amor und Psyche“ 1793

Dargestellt ist der Moment vor dem Kuss. Die Frau in totaler Hingabe, der Mann in fast greifbarer Zärtlichkeit. Die Schönheit der Komposition macht fast atemlos.

Die hinreißende Bewegung der Psyche, die mit jeder Fase des Körpers zum Geliebten drängt und die perfekte Linie des Gottes vom rechten Flügel bis zum linken Fuß sind von größter Eleganz.

Auch hier wieder eine greifbare Entrücktheit. Alles Rundherum wird ausgeschlossen, die beiden sind in sich versunken und nicht von dieser Welt. Fast ist man beschämt die erotischen Details wahr zu nehmen. Die Schenkel der Frau, die nicht ganz geschlossen sind und sich schon dem Geliebten öffnen, die erhobenen Arme, die Brust hervorhebend, oder der feste, fast fordernde Griff des Mannes um dieselbe.

Der Kontrast zwischen Isolation einerseits und der Ausstrahlung der beiden Körper andererseits ist von unglaublichem erotischen Reiz.

Dieser Perfektionismus im Behandeln des Steins, gepaart mit einer tiefen Gefühlswelt und der Verschmelzung mit dem Zeitgeschmack hat Kunstliebhaber der ganzen Welt nach Rom geführt, um Canova bei der Arbeit zu sehen. Und seine Käufer fanden sich zwischen Rom, Paris, Wien und Sankt Petersburg und sind dort heute in den Museen zu bewundern.

 

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Körperliche Erotik bei Rodin

Rodin - La Danaide

Verlangen und Entzückung

August Rodin (Paris 1840 – 1917 Meudon) entstammte einer konservativen Beamtenfamilie. Er wurde mit vierzehn Jahren Schüler der École des Arts Décoratifs und versuchte mehrmals vergeblich als Student an der berühmten École nationale supérieure des beaux-arts de Paris aufgenommen zu werden.

Ab etwa 1870 erfuhr er durch öffentliche Aufträge seine erste künstlerische Anerkennung.

Nacktheit und Erotik sind die Bildthemen, die ihn immer wieder zu Darstellungen mit unterschiedlichsten Auslegungen inspirierten. Es ging Rodin vor allem um die drastische Darstellung des nackten Körpers in ungewohnten Perspektiven.

1882 lernt er die nicht einmal 18-jährige Camille Claudel kennen, deren Talent als Bildhauerin er sofort wahrnahm. Daraus entstand eine mehr als zehn Jahre dauernde, fruchtbare und enge Zusammenarbeit und eine leidenschaftliche Liebe zum Modell, zur Gehilfin, zur Muse und zur Geliebten.

Das ewige Idol

In dieser Zeit entstand „Das ewige Idol“. „Und ewig lockt das Weib“, Mann, eine Frau anbetend, zeigt diesen Wunsch, Liebe, Sinnlichkeit und Leidenschaft auszudrücken, das sein Schaffen durchzieht.

Rodin - das ewige Idol
„Das ewige Idol“

 

Rodin - das ewige Idol 2

Hier thematisiert Rodin die männliche Anbetung der Frau und die Dominanz der Frau über den Mann. Abhängigkeit und Respekt sprechen aus der devoten Haltung des Mannes, während die vertikal ausgerichtete Körperlinie der Frau ihre Ablehnung unterstreicht. Für diese Plastik hatte Rodin zunächst den Titel „Das Opfer“ vorgesehen.

Sexualität und Erotik entstehen aus dem Magnetismus der gegenseitigen sexuellen Anziehung, wenn also ein magnetisches Feld zwischen einem Plus- und einem Minus-Pol fließt.

Verschiedene Lehren des Ostens anerkennen die Kräfte des Himmels und der Erde als die zwei fundamentalen Prinzipien, die alles durchdringen und deshalb auch in der erotischen Anziehung wirksam sind. Das im Westen bekannteste Konzept ist das aus dem chinesischen Taoismus stammende Konzept von Yin und Yang. Nach dieser Vorstellung bestimmt die Kraft des Himmels (Yang) die Struktur des männlichen Geschlechtsorgans und die Kraft der Erde (Yin) die Form des weiblichen Geschlechtsorgans.

Dementsprechend ist die Potenz des Mannes eine nach außen dringende, gebende und manifestierende Kraft, die sich in der Erektion des Penis sichtbar ausdrückt.

Die Potenz der Frau hingegen ist eine empfangende und aufnehmende Anziehungskraft, die sich in der aufnahmebereiten Vagina ausdrückt. Genauso wie bereits die Geschlechtsteile die polare Kraft des Weiblichen und des Männlichen zeigen, so zeigen auch die männlichen und weiblichen Körper eine Ergänzung.

Während der weibliche Körper zu schön gerundeten Formen neigt, sind beim kräftigen männlichen Körper eckigere Formen vorherrschend. Diese sichtbaren Merkmale versinnbildlichen die Unterschiede zwischen der weiblichen und männlichen Energie.

Der Kuss

Eine der perfektesten Darstellungen der Verschiedenartigkeit des weiblichen und des männlichen Körpers zeigt „Der Kuss“.

Rodin - Kuss
„Der Kuss“

Mit dieser grandiosen Skulptur gestaltet er das Verlangen nach Berührung der beiden Liebenden, das sich vor allem in den expressiv gewölbten Körpern ausdrückt und den Augenblick der Verzückung, in dem sie in einer leidenschaftlichen Umarmung zueinander finden.

Rodin – der Zeichner

Rund tausend der gesamten Zeichnungen Rodins werden eindeutig als erotisch bezeichnet. Sie alle stellen Erotik und Sinnlichkeit in den Mittelpunkt seines künstlerischen Schaffens und widerspiegeln die spontanste und freieste Bewegung und Haltung seiner damaligen lebenden Modelle, die nicht einfach bewegungslos vor ihm posierten.

„De Profundis Clamavi“

Diese Werke beinhalten alle das gleiche Thema: den weiblichen Akt in seiner ganzen künstlerischen Auseinandersetzung. Die mit sparsamsten Mitteln entstandenen Skizzen, Studien und Kopien verfügen über eine dominante erotische Ausdruckskraft und durften um 1900 als recht kühn angesehen werden.

Mehr zu Rodin bei Wikipedia

Der Denker - Auguste Rodin, Skulptur in Bronze
Der Denker – Auguste Rodin, Skulptur in Bronze

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