Die Erotik des Impressionismus
Jean Baptiste Camille Corot (1796 – 1875 Paris) wurde in Paris geboren und entstammte gutbürgerlichen Verhältnissen. Nach einer Lehre zum Tuchhändler, einem Studium bei Jean-Victor Bertin und einem dreijährigen Aufenthalt in der Campagna Romana bezog er ein Atelier in Paris, wo er sich intensiv der Malerei widmete. Es folgten Fußreisen durch Frankreich, die Niederlande und die Schweiz.
In seinen späten Jahren war er als ‚Père Corot‘ die Vaterfigur der Pariser Kunstszene und galt wie Meindert Hobbema, William Turner und John Constable als einer der führenden Landschaftsmaler. Daneben schuf er aber auch Frauenbildnisse. Diese sollen im Zentrum dieses Artikels stehen.
Corot – Stimmungsbild mit entblößter Brust
Eines seiner frühen Frauenbildnisse entstand um die Mitte der 1830er Jahre und zeigt eine junge Frau mit entblößter Brust.
Das Gemälde ist ein für Corot ganz typisches Stimmungsbild. Es trägt mit seiner eigenwilligen Darstellung des Lichts wesentlich zu einer impressionistischen Auffassung in der Malerei bei, obwohl sich Corot selbst zur klassisch-akademischen Tradition hingezogen fühlte.
Den Impressionismus vorwegnehmend verzichtet er auf Detailtreue und schafft einen flüchtigen Augenblick.
Eine in sich versunkene Frau zeigt ihre Brust – wie unbeabsichtigt – was eine Atmosphäre von Intimität erzeugt. Gleichzeitig tritt die Brust durch die Farbgebung des hellen bis teils weißen Stoffes aus dem Bild hervor und drängt sich in das Blickfeld des Betrachters, was ihn zum Voyeur macht und so erotische Spannung erzeugt.
Corot – Marietta
Etwa zehn Jahre später entstand das Bild „Marietta“ („Die römische Odaliske“). Anders als die „Sitzende Frau mit entblößter Brust“, wendet sich die Frau hier nicht ab. Im Gegenteil. Sie schaut den Betrachter direkt an.
Ist man bei dem ersten Bild vom nackten Oberkörper angezogen, so ist es man es hier bei dem auffordernden, einladenden Ausdruck im Gesicht der jungen Frau. Man ist versucht näher zu treten und den Körper zu drehen, um ihn ganz zu sehen. Auch bei diesem Gemälde sind es die hellen Farben des Lakens, die ihn hervorheben.
Corots Gemälde zeichnen sich, wie hier, durch einen starken poetischen Reiz aus. Er ließ weibliche Modelle in seinem Atelier posieren und überhöhte sie in ihrer Gestalt mit einer flüssig-zarten, matt schimmernden Farbgebung.
Erotik im Impressionismus
Im Impressionismus wurden viele Grundsätze der Malkunst nicht mehr beachtet und sie befassten sich nicht mit Motiven, welche politische oder soziale Aussagen hatten. Sie legten nun ihren Schwerpunkt auf die malerische Behandlung eines Gegenstandes und nicht mehr auf den Gegenstand selbst.
Um 1855 entstand das Gemälde „Mädchen im Grünen“. Den Impressionisten war vor allem die äußere Erscheinung der alltäglichen Umgebung wichtig. Die Künstler malten hauptsächlich in der freien Natur, um das Sonnenlicht genau beobachten zu können und auf den Bildern wiederzugeben.
Hier verschmilzt der nackte Körper einer jungen Frau mit der sie umgebenden Landschaft und hebt sich gleichermaßen von ihr ab. Das sanfte Ineinandergleiten der verwandten Farben schafft ein erotisch-poetisches Idyll in einer wunderbaren Komposition. Die Natur rahmt einen einladenden, wohlgeformten Körper.
Schönster Beweis für die ausgeprägte Leidenschaft des Landschaftsmalers auch für die menschliche Figur. Hier fand er zu einer ganz eigenen, persönlichen Bildsprache, deren Innerlichkeit aus dem Gefüge kommt und der Stimmung des gesamten Bildes spricht.
Titelbild: „Jeune femme étendue sur l’herbe“
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