Romantische Erotik bei Delacroix

Delacroix - Odaliske

Der Romantiker Delacroix

Eugène Delacroix (1798-1863 Paris) war der Sohn eines Mitglieds der Revolutionsregierung und Außenministers sowie Botschafters. Tatsächlich aber gibt es Hinweise, dass er in Wirklichkeit der Sohn Talleyrands war.

Er begann 1815 ein Studium im Atelier von Guérin und schrieb sich ein Jahr später an der École nationale supérieure des beaux-arts de Paris ein.

Er fühlte sich zu den Romantikern hingezogen, deren Ideen, Gedanken und Vorstellungen sich in seinem zweiten Bild »Das Massaker von Chios« widerspiegeln, mit dem seine Bedeutung in der jüngeren Malergeneration nicht mehr zu leugnen war. Er galt als der führende Maler der Romantik, auch wenn er selbst diese Führungsrolle immer wieder bestritt.

Delacroix – Erotik und Revoulution

Eines seiner wohl berühmtesten Gemälde entstand 1830 und trägt den Titel „Die Freiheit führt das Volk“.

Delacroix - "Die Freiheit führt das Volk“
„Die Freiheit führt das Volk“

Das 2,60 × 3,25 Meter große Bild zeigt die Julirevolution von 1830. Eine kurze, aber heftige und gewalttätige Auseinandersetzung zwischen Bürgern und Obrigkeit mit Toten auf beiden Seiten, wie im Bildvordergrund zu sehen ist. Das Volk hat keinen Anführer im eigentlichen Sinn, sein Aufstand kommt spontan und aus der Masse heraus.

Delacroix gibt ihnen eine Anführerin. Barbusig und barfuß wie sie ist, wirkt sie irreal, fast wie eine Göttin. Sie ist gerade über die Barrikaden gestürmt.

Sie ist mit einem Kleid bekleidet, das nur teilweise ihre Brüste bedeckt. Ihr ausgestreckter rechter Arm, in der sie die von den Bourbonen verbotene, französische Fahne Tricolore hält, ist nach vorne gerichtet. In der linken Hand trägt sie mit festem Griff ein Gewehr, dem ein Bajonett aufgesetzt ist. Dieser Arm ist leicht angewinkelt und weist nach unten.

Auf dem Kopf eine phrygische Mütze, die als Symbol für Freiheit gilt und die Kopfbedeckung der Jakobiner war, schreitet sie barfuß über eine Barrikade. Ihre Körperhaltung ist triumphierend. Mit aufforderndem Blick wendet sie sich den Bürgern hinter ihr zu, als wollte sie diese dazu bewegen, ihr zu folgen.

Sie ist das menschgewordenen Symbol für die Freiheit. So paradox es auch ist, dass Frauen als “Britannia” oder “Germania” Nationen repräsentierten, an deren Gestaltung sie politisch nicht mitwirken durften, als Justitia Gerichtsgebäude schmückten, in denen sie nichts zu sagen hatten, als Wissenschaft die Welt unter ihrem Arm hielten, doch zu studieren ihnen verwehrt war oder, wie in diesem Fall, die Freiheit darstellen, zu einer Zeit, da sie derart unfrei waren, dass die Kontrolle über ihren Besitz bei Heirat auf den Ehemann überging und dieser in jeder Hinsicht über sie bestimmen konnte.

Und doch kann es wohl kaum ein packenderes Symbol für die Freiheit geben, als eine entblößt Brust. Dieses Synonym für Mutterschaft einerseits und Sinnlichkeit andererseits, für die Natur in ihrer ganzen Bedeutung, triumphiert über allem anderen. Sie vom Zwang ihres züchtigen Gefängnisses, dem Korsett zu befreien, wirkt wie ein Aufschrei. Wem würde man lieber folgen als dieser Amazone, die sich von jeder Unterdrückung frei gemacht hat. Was für ein ungeheurerer erotischer Reiz entsteht, betrachtete man diese herausfordernde, üppige Frau inmitten wütender Soldaten, bleibt jedem Betrachter selbst überlassen.

„Der Herzog von Orléans zeigt seine Geliebte“

Um 1825/26 entstand das Gemälde „Der Herzog von Orléans zeigt seine Geliebte“. Es illustriert die pikante, auf den französischen Renaissancedichter Brantôme zurückgehende Geschichte, nach der der Herzog den Unterleib seiner Angebeteten vor seinem früheren Kämmerer entlarvt, der das durch Bettlaken verdeckte Gesicht seiner eigenen Frau aber nicht erkennen kann, die er hier bewundert.

Delacroix - Der Herzog von Orléans zeigt seine Geliebte
„Der Herzog von Orléans zeigt seine Geliebte“

Die Spannung entsteht vor allem durch die Körperhaltung der jungen Frau, die den unteren Teil ihres Körpers dem Betrachter fast obszön entgegenstreckt, während sie ihren Oberkörper schamhaft und verlegen verbirgt, was sowohl durch die Farben, als auch durch das Licht noch unterstrichen wird.

Besonders reizvoll für den Betrachter ist das Hinterteil, das den Blick fast magisch zum Innersten zieht, das dann aber doch verborgen bleibt und dadurch die sinnliche Spannung noch erhöht.

Delacroix – Erotik im Harem

Eine Reise nach Spanien und Nordafrika inspirierte Delacroix zu Hunderten Notizen und Skizzen, Studien zu Tieren, zu Gemälde zur Löwenjagd und zur Darstellungen des Harems und Odalisken. Es war eine Zeit der europäischen Begeisterung für die Geheimnisse des Orients, seiner Kultur und faszinierenden Fremdartigkeit, als sich die erotische Phantasie an den Objekten der Lust im Harem entzündete.

Frauen, die auf Sofas oder Diwanen lagern, mehr oder weniger willig, den Launen des allmächtigen Besitzers ausgeliefert und darauf wartend, ihm zu Diensten sein zu dürfen oder zu müssen, waren begehrte Darstellungen. Angesichts der repressiven Sexualmoral des 19. und 20. Jahrhunderts ist diese Phantasie, die der Islam zu legalisieren scheint, durchaus verständlich und nachvollziehbar.

Delacroix - Odaliske auf einem Diwan
“Odaliske auf einem Diwan”

Bei Delacroixs Gemälde “Odaliske auf einem Diwan” ist die Frau der Begierde mit ihren betonten Hüften von sinnlicher Schwere. Wie immer bei ihm, ist die Farbe Teil der Komposition und verstärkt die Wirkung.

Das kräftige Rot der Decke unterstreicht die warmen Farben des Körpers. Die Frau signalisiert in ihrem Ausdruck und in ihrer lasziven Haltung eine schläfrige Bereitschaft zur Hingabe. Sie ist völlig reduziert auf ihre sexuelle Funktion.

Titelbild: „Odaliske“ – Detail

Mehr zu Delacroix bei Wikipedia

BUCHEMPFEHLUNG BEI AMAZON

Art - Über 2500 Kunstwerke
Art – Über 2500 Kunstwerke

Auszug aus der Buchbeschreibung:

Die Weltgeschichte der Kunst
Von der Höhlenmalerei bis zur modernen Medienkunst: Dieses visuelle Nachschlagewerk stellt Ihnen die 2.500 wichtigsten Kunstwerke aus 30.000 Jahren Kunstgeschichte und allen Kulturkreisen in beeindruckender Art und Weise vor. Mit mehr als 3.000 brillanten Abbildungen, über 700 Künstler-Profilen sowie allen Infos zu Epochen und Strömungen ist es die perfekte Kombination aus Nachschlagewerk und Bildband und hilft Ihnen dabei, Kunst zu beurteilen und zu verstehen.

ERHÄLTLICH BEI AMAZON