Rokoko-Erotik bei Watteau

Sinnlichkeit – ein frivoles Spiel

Antoine Watteau (Valenciennes 1684 – 1721 Nogent-sur-Marne) ist wahrscheinlich der bedeutendste Maler des französischen Rokoko. Schon im Alter von zehn Jahren begann Watteau seine Studien, die er in Paris fortsetzte. Trotz eines kurzen Lebens, in welchem er, an Tuberkulose leidend, stets kränklich war, hat er ein reiches Werk hinterlassen.

Im Gegensatz zu seinem wohl krankheitsbedingten, melancholischen Wesen verherrlichen seine Bilder Lebenslust und Sinnesfreuden. Ganz dem Geschmack und der Mode der Zeit entsprechend schuf Watteau heitere Schäferstücke, malte die „fêtes galantes“ und ländliche Vergnügungen oder porträtierte die Schauspieler der Theater in phantasievollen Kostümen, die einen wesentlichen Einfluss auf die herrschende Mode ausübten.

Watteau – „Die Toilette“

Das Rokoko widmete sich ausführlich der erotischen Kunst und auch Watteau ist ein Meister der Darstellung aller Spielarten galanter Liebeswerbung, Verführung und frivoler Anspielungen. Ein typisches Beispiel für eine solche erotische Szenerie ist das Bild „Die Toilette“.

Watteau - Die Toilette
„Die Toilette“

Im Gegensatz zu vielen anderen Darstellungen dieses Motivs verzichtet Watteau ganz auf beliebte Accessoires, wie Parfumfläschchen, Döschen oder Schmuckkästchen. Er konzentriert sich ganz auf den weiblichen Akt.

Aus erdigen Tönen strahlt ihr heller Körper, noch betont durch das weiße Hemd, das sie sich gerade um den Kopf zieht. Erst auf den zweiten Blick sieht man eine Dienerin und ein Hündchen, die sich farblich kaum von Bett und Vorhang abheben.

Durch die ovale Form des Bildes werden wir, die Betrachter, in die Position des Voyeurs, der durch ein Schlüsselloch schaut, versetzt. Und wir wurden dabei entdeckt.

Das Mädchen schaut uns direkt an, sie lächelt ganz leicht, hat vor Aufregung gerötete Wangen und genießt es ganz offensichtlich, beobachtet zu werden. Kokett hebt sie ihren linken Arm, um ihre Brust zu zeigen. Sie tut das ausschließlich, um ihre Reize besser zur Geltung zu bringen und nicht weil das Ankleiden diese Bewegung nötig macht. Da nur sie und weder die Dienerin noch der Hund uns bemerken, entsteht eine unglaubliche Intimität zwischen uns und ihr.

Auch hier ist Watteau ganz im Trend seiner Zeit. Immer steht in diesem Jahrhundert jemand hinter dem Vorhang, schaut durchs Schlüsselloch, lauscht an der Tür – auch und vor allem an der eigenen.

Watteaus „Jupiter und Antiope“

Das Bild wurde wahrscheinlich zwischen 1714 und 1719 gemalt. Im zu Grunde liegenden Mythos wird die schöne Tochter des Königs von Theben, Antiope, von Zeus, bzw. in der römischen Mythologie von Jupiter, im Schlaf verführt, wobei Zeus die Gestalt eines Satyrn annimmt.

Watteau Jupiter und Antiope
„Jupiter und Antiope“

Der Satyr steht für die männliche Sexsucht und ist somit ein beliebtes Motiv, um einen erotischen Zusammenhang herzustellen. Die Satyrn sind Gefolgsleute des Bacchus, sind meist hässlich, haben oft Merkmale des Ziegenbocks, wie Hörner am Kopf oder Bocksbeine und zumindest teilweise ein Fell. Sie sind kräftig, muskulös und sonnenverbrannt. Dadurch entsteht ein erregender Kontrast zu den ihnen zur Seite gestellten Frauen, die, wie auch in diesem Fall, meist besonders hellhäutig sind.

Die Farbe der Haut ist hier fast weiß, hat also die Farbe der Unschuld. Diese Unschuld wird durch die Schönheit und Jugend des Mädchens noch unterstrichen. Gegensätzlicher könnten die beiden also nicht sein. Dadurch entsteht eine gewaltige erotische Spannung, die durch die Körperhaltung der Dargestellten noch gesteigert wird.

Sie liegt ahnungslos schlafend in entspannter Pose und über ihr als dunkler, drohender Schatten, wie ein Raubvogel mit gespreizten Flügeln, ein extrem muskulöser Männerkörper, dessen Kopf in einer Linie mit ihrer Scham direkt in ihr Inneres zu blicken scheint, mit lüstern herausgestreckter Zunge.

Die Haltung der beiden Liegenden formt nochmals ein Oval innerhalb des Ovals des Bildes und des Rahmens. Diese äußerst harmonische Bildkomposition bildet nochmals einen Kontrast, in dem Fall zu dem bedrohlichen Moment der dargestellten Szene.

Eine Meisterleistung wie die Lüsternheit und sexuelle Begierde hier fast fühlbar umgesetzt wurde.

Titelbild: „Diana im Bade“

Mehr zu Watteau bei Wikipedia

BUCHEMPFEHLUNG BEI AMAZON

Art - Über 2500 Kunstwerke
Art – Über 2500 Kunstwerke

Auszug aus der Buchbeschreibung:

Die Weltgeschichte der Kunst
Von der Höhlenmalerei bis zur modernen Medienkunst: Dieses visuelle Nachschlagewerk stellt Ihnen die 2.500 wichtigsten Kunstwerke aus 30.000 Jahren Kunstgeschichte und allen Kulturkreisen in beeindruckender Art und Weise vor. Mit mehr als 3.000 brillanten Abbildungen, über 700 Künstler-Profilen sowie allen Infos zu Epochen und Strömungen ist es die perfekte Kombination aus Nachschlagewerk und Bildband und hilft Ihnen dabei, Kunst zu beurteilen und zu verstehen.

ERHÄLTLICH BEI AMAZON